WEIDENKAPELLE KLOSTER HIMMEROD

Kloster Himmerod, Vulkaneifel

Die Weidenkapelle liegt als Landmarke in der Talaue der Salm, eingerahmt von den Feuchtwiesen und Fischteichen des Zisterzienserklosters. Die Grundform der Weidenkapelle – der Umriß eines Fisches – steht in direkter Beziehung zu zwei Kontexten:

1. Die Aquakultur und Fischereiwirtschaft des Zisterzienser-Ordens, entstanden aus der Kultivierung feuchter Talniederungen

2. Dem Zeichen des Fisches als einem frühen Symbol christlichen Glaubens

Die „Heckflosse“ des Fisches öffnet sich als Landschaftsfenster und fokussiert den Blick aus der Kapelle heraus über die Fischteiche hinweg zur Klosterkirche der Abtei Himmerod.  

Der ovalförmige „Fischkörper“ ummantelt (v. lat.: cappa = Mantel; Diminutiv capella) den Versammlungsraum und dient als Ort für Andachten, Gebete und Gottesdienste. Die oval angeordneten Holzsitzbänke bieten die Möglichkeit, sich auf „Augenhöhe“, als Teil einer gleichberechtigten Gemeinschaft  zu sehen.

Direkt am Eingangsbereich, im „Auge“, befindet sich der Altar aus Rundholz.

Der Kapellenmantel besteht aus lebendigen Weidensäulen. Sie „strecken“ sich in die Höhe und verbinden sich mit dem „Himmelsdach“ bzw. „Sternenzelt“. Im Sommer schließen die Weidentriebe die Freiräume zwischen den Säulen – es entsteht ein „geschlossener“, grüner Raum. Im Winter, nach dem Laubfall, wird der Innenraum wieder sichtbar. Dieses temporäre „öffnen“ und „schließen“ symbolisiert die Korrespondenz zwischen innen und außen, zwischen Bauwerk und Umwelt.

Die unterschiedlichen Höhen der einzelnen Weidensäulen in Form von „Wellen“ bewirken, das sich die Silhouette des Bauwerks einer Einordnung in bekannte Bauformen widersetzt. Je nach Perspektive des Betrachters, formiert sich der Baukörper ständig neu – ist in Bewegung. Dieser Eindruck wird durch natürliche Prozesse, wie Wachstum der Weiden und Wind, nachhaltig befördert.  

Die beiden Zugänge zum Innenraum sind als kommunizierender „Schlupf“ angeordnet. Sie stehen miteinander in Verbindung und werden beidseitig durch Weidensäulen begrenzt. Der Besucher hat die Möglichkeit, durch Änderung seiner  Bewegungsrichtung, sich bewußt dem Innenraum (der Gemeinschaft) zuzuwenden. Ändert er seine Richtung nicht, tritt er wieder ins Freie.