EXPLOSIONEN UND VIELE KRATER

Die Vulkaneifel fasziniert nicht nur Geologen

von Simone Blaschke

 

Es ist Ostermontag, 8:30 Uhr, die Sonne strahlt vom Himmel, die Luft ist noch angenehm kühl von der Nacht, für die Region sind 17 bis 20 Grad Celcius vorausgesagt, am Nachmittag vereinzelt Schauer und Gewitter. Insgesamt ziemlich gute Ausgangsbedingungen für meine Teilnahme an der Maarsee-Tour in der Vulkaneifel. Ich befinde mich auf dem Weg zum Parkplatz am Weinfelder Maar (Totenmaar), dem Treffpunkt unserer kleinen Wandergruppe. Angeboten und geführt wird die Tour von Jörg Kaspari aus Trier. Der freiberufliche Landschaftsarchitekt ist in der Eifel aufgewachsen und hat sein Hobby quasi zum Beruf gemacht. Er bietet saisonal geführte Wanderungen durch die Vulkaneifel an. Nichts für Hardcore-Wanderer, die mindestens 20 Kilometer und mehr am Tag laufen und am besten noch diverse Höhenmeter überwinden wollen. Nein, Jörg´s „Zielgruppe“ sind Menschen, die sich gerne in der Natur aufhalten und ganz nebenbei noch Wissenswertes über die Region rund um Daun in der Eifel erfahren möchten.

Unsere Gruppe an diesem Ostermontag ist mit acht Teilnehmern angenehm klein, besteht aus sympathischen Menschen verschiedener Altersklassen, sogar zwei Kinder (8 und 9 Jahre) sind dabei, und wir verstehen uns auf Anhieb gut.

Im Laufe des Tages gibt Jörg immer wieder interessante Infos und spannende Geschichten über die geologische Entwicklung der Eifel, die Besiedlungsgeschichte und die Botanik zum Besten. Aus der Erzählung „Am Totenmaar“ (1897) von Clara Viebig erfahren wir, wie trostlos und unfruchtbar diese, heute bei Besuchern aus der ganzen Welt so beliebte, Region vor über 100 Jahren war.

Gleich zu Beginn der Tagestour umrunden wir das Weinfelder Maar. Jörg erklärt uns, warum es den Spitznamen „Totenmaar“ trägt. Hier soll angeblich der Römer Pontius Pilatus (von 26 bis 36 n. Chr. Statthalter des römischen Kaisers Tiberius) Selbstmord begangen haben. Ein Gerücht, dass sich bis heute hartnäckig hält, aber niemals bestätigt wurde. Dennoch ist dieses Maar das einzige in der Vulkaneifel, in dem kein Mensch badet, aus (Er)furcht vor dem Toten. Auf der Hälfte des Weges gelangen wir zu der kleinen, auf einer Anhöhe gelegenen „Weinfelder Kapelle“. An dieser Stelle sei ein kleiner geschichtlicher Exkurs erlaubt, denn die Geschichte Weinfelds steht symbolisch für die ganze Region:

Weinfeld, herzuleiten von „geweihtes Feld“, war im 15. Jahrhundert ein recht bedeutendes Gebiet, zu dem die Orte Mehren, Schalkenmehren und noch einige kleine Ansiedlungen gehörten. Armut, Brände, Krieg und die Pest sorgten allerdings dafür, dass es hier bald keine Menschenseele mehr gab. Aus dieser Zeit steht nur noch die vom Heiligen Martin geweihte Weinfelder Kapelle aus dem Jahr 1044 mit ihrem Friedhof, auf dem noch immer die Bewohner von Schalkenmehren beerdigt werden. Sie ist übrigens die älteste Kirche der Eifel, die frühesten Fundamente stammen aus römischer Zeit, vermutlich stand an dieser Stelle vorher schon ein keltisches Heiligtum.

Hinter der Kapelle geht der Wanderweg bergauf bis zum Plateau des 561 Meter hohen Mäusebergs. Von dort hat man einen wunderbaren Panoramablick über die gesamte Vulkaneifel. Noch besser ist die Aussicht, wenn man auf den Dronke-Turm gestiegen ist. Von hier kann man auf der anderen Seite noch das Gemündener Maar erblicken.

Der Dronke-Turm wurde zwischen 1900 und 1902 übrigens zu Ehren von Adolf Dronke, dem Gründungsvater und Vorsitzenden des 1888 gegründeten Eifelvereins, gebaut. Er sorgte dafür, dass die Region attraktiver wurde und immer mehr Wanderer und Touristen zu Besuch kamen.

Nachdem wir das Weinfelder Maar umrundet haben, geht es einen kurzen Weg weiter zum Schalkenmehrener Maar. Entlang des idyllischen Uferwegs, an dem Schafe und Ziegen weiden, wandern wir entlang des Maars mit Blick auf den kleinen Ort Schalkenmehren, der mich irgendwie an ein typisch bayerisches Dörfchen erinnert, fehlen nur noch die Hängegeranien an den Balkonen. Dort angekommen entdecken wir neben liebevoll restaurierten Bauern- und Fachwerkhäusern die einzige Eisdiele im Dorf – und nehmen wie ferngesteuert geradewegs Kurs darauf zu. Mit dem Eis in der Hand geht die Wanderung weiter.

Bevor wir nach einem längeren Fußmarsch zu den moorigen Sümpfen eines verlandeten Eifelmaars, des sogenannten „Mürmes“, kommen, werden wir beim Überqueren der Autobahn noch einmal kurz aus der entspannten Ruhe dieser Gegend gerissen. Doch schon wenige hundert Meter weiter erinnert nichts mehr an Lärm und Verkehr. Im Gegenteil, direkt vor dem Moorgebiet machen wir Rast auf einer Wiese in der Sonne und schauen uns dann das Gebiet zwischen Schalkenmehren und Ellscheid näher an. In dem etwa um 10.000 v. Chr. als Folge vulkanischer Tätigkeit entstandenen Maarkessel bildete sich im Lauf der Jahrtausende ein Flachmoor mit bis zu vier Meter dicken Torfschichten. Ab etwa 1400  nutzen die Kurfürsten von Trier den Tümpel als Fischteich. Kurze Zeit später fiel der Teich trocken und die Bevölkerung stach dort noch bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Torf aus. Seit 1975 ist der Mürmes als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Nach der Pause legen wir den finalen Teil der Tour zurück. Unser Ziel ist das türkisblaue Pulvermaar, umgeben von einem traumhaften Buchenwald, dessen Laub zu dieser Jahreszeit in hellem Grün erstrahlt. Wir erhaschen noch die letzten Sonnenstrahlen, bevor sich der Himmel rasend schnell zuzieht. Gerade als wir am Pulvermaar angelangt sind, werden wir von einem gewaltigen Gewitterschauer überrascht und versuchen, trotz des heftigen Regens, im Schutz des Laubwaldes – frei nach dem Sprichwort „Buchen sollst du suchen“ – einigermaßen trocken zu bleiben. Die letzten Meter bis zum Ort Gillenfeld, dem Endpunkt der Tour, legen wir im Stechschritt zurück, um so schnell wie möglich das gemütliche Scheunencafé zu erreichen. Die beiden Kids, die den ganzen Tag über tapfer durchgehalten haben, sind inzwischen so erschöpft, dass ihr Papa und Tourguide Jörg sie zum Schluss auf den Schultern zum Café tragen müssen. Dort gibt es dann wärmenden Kakao und Kaffee, leckeren Kuchen und heiße Kartoffelsuppe. Erschöpft, aber sehr zufrieden, verabschieden wir uns voneinander und machen uns auf den Heimweg. Den einen oder anderen werde ich bei der nächsten Tour bestimmt wiedersehen.

 

Die Maarsee-Tour im Überblick:

ca. 15 km / 6 Std. Wandern inklusive Pausen

Stilles Totenmaar - Weinfelder Kapelle - Mäuseberg mit Dronke-Turm - Dornige Hecken - Grasige Röhrichte - Schalkenmehrener Maar - Moorige Sümpfe - Mürmes - Schwankende Tümpel - Buchen-Urwald - Türkisblaues Pulvermaar - Maarstrand - Gemeinsame Einkehr im Eifeler Scheunencafé

 

Tour-Angebote: www.joergkaspari.com

Weitere Infos: www.geopark-vulkaneifel.de

 

Zweitverwertung des Artikels nur nach vorheriger Absprache mit dem Autor:

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